100% Kundenfokus

Blog von Andre Neumann

Wenn der Kunde trotz Customer Experience kein König ist

Heutzutage ist häufig von CX (Customer Experience) die Rede. Vor einiger Zeit nannte sich das noch Customer Centricity, davor Kundenzentrierung und vor 20 Jahren „Der Kunde ist König“. Auch „100% Kundenfokus – Kunden begeistern“ geht in die gleiche Richtung. Gemeint ist in allen Fällen, dass Unternehmen sich mit ihren Kunden, den Kundenbedürfnissen, Kundenanforderungen, Kundenbedarfen und Kundenerwartungen beschäftigen sollten und dass die Wünsche der Kunden wichtig sind.

Eine zeitlose Binsenweisheit ist, dass Unternehmen mit zufriedenen Kunden in der Regel erfolgreicher sind als Unternehmen mit unzufriedenen Kunden. Daher findet sich auf fast jeder Unternehmens-Website heutzutage auch irgendwo der Satz „Unsere Kunden sind für uns das Wichtigste!“ oder „Wir tun alles für unsere Kunden!“ So wird Kundenorientierung suggeriert.

Die Realität ist aber häufig nicht 100% Kundenfokus und Kundenzufriedenheit sondern:

100 Prozent Kundenfokus Blitz
  • „Draußen gibt’s nur Kännchen“
  • „Versandkosten pauschal 6,95 €“
  • „Unser Servicetechniker kommt dann übermorgen zwischen 08 und 17 Uhr“
  • „Herzlich willkommen im Kundenservice der Wir-lieben-unsere-Kunden-GmbH. Leider sind alle unsere Leitungen gerade belegt, bitte rufen Sie uns später noch einmal an.“

Wie viele Kunden wohl diese Wünsche geäußert haben – oder sich in diesen Situationen als Könige fühlen?

Woran liegt es also, dass trotz der immer neuen Buzzwords Kunden so oft nicht als Könige sondern als Bittsteller behandelt werden?

Einige Gründe:

  • Monopolstellung: „Draußen gibt’s nur Kännchen“ lässt sich leichter durchsetzen, wenn man das einzige Ausflugslokal auf dem Berg ist, als wenn links und rechts nebenan kundenfreundlichere Konkurrenten ansässig sind.
  • Fehlender Wille: „Wenn dem unsere AGBs nicht passen, soll er halt woanders kaufen!“ Häufig anzutreffen während guter Auftragslage.
  • Fehlendes Können: Wenn die Technikertouren nicht vernünftig und effizient geplant werden, weiß tatsächlich niemand im Unternehmen, wann der Techniker wo sein wird.
  • Geiz im Unternehmen: „Kundenservice kostet doch nur Geld und bringt keinen zusätzlichen Umsatz!“
  • Vermuteter Geiz beim Kunden: „Die Leute kaufen doch eh dort, wo’s am günstigsten ist, im Zweifelsfall online!“
  • Vermutete Uninformiertheit beim Kunden: „Das wissen/merken unsere Kunden (zum Glück) doch nicht!“
  • Bequemlichkeit: „Das machen doch alle so!“
  • Gewohnheit: „Das war schon immer so!“

Dumm nur, wenn dann doch einer auf die Idee kommt, es mal anders zu machen – und den Kunden das auch noch gefällt! Oft kommen die so genannten Disruptoren (Störenfriede!) aus der Online-Welt. Klar, die digitale Transformation schreitet unaufhaltsam voran. Aber nur mit höherer Technikaffinität lässt sich das Phänomen nicht erklären.

Dass Amazon aus der digitalen Welt kommt erklärt nicht, warum es bei Kundenbeschwerden und Reklamationen so viel kundenfreundlicher und kulanter ist als andere Unternehmen.

Dass der Liefer- und Montageservice von Haushaltsgeräten von ao.de besser und zuverlässiger ist als bei vielen lokalen Fachhändlern hat nichts mit dem Webshop zu tun – sondern mit der kundenorientierten Kernstrategie.

100% Kundenfokus – oder auch Customer Centricity, Kundenzentrierung, „Kunde ist König“ – ist in erster Linie eine Einstellungs- und Philosophiefrage: „Was will mein Kunde von mir?“ statt „Was will ich von meinem Kunden?“ bestimmt die Entscheidungen.

Unternehmen, die diese Maxime nicht beginnend bei der Geschäftsführung leben und umsetzen, können noch so tolle Kundenleitbilder schreiben und auf der Website posten, sie werden ihre Kunden nicht begeistern.

„Der Kunde kommt zuerst!“, sagte Amazon-Gründer Jeff Bezos und handelte danach (von Mitarbeitern und Kooperationspartnern sprach er nicht… .-). Viele stationäre Fachhändler erzählten ihren Kunden da noch: „Wenn ich das extra für Sie bestelle, müssen Sie es aber auch kaufen!“

Es ist wie so oft: Der Fisch stinkt vom Kopf her. Ohne entsprechende, klare Vorgabe der Geschäftsleitung oder des Inhabers wird 100% Kundenfokus nicht im Unternehmen gelebt werden und nicht Teil der Unternehmenskultur.

100 Prozent Kundenfokus Vorbild

Ziel und Vorteile von 100% Kundenfokus

Das Ziel von 100% Kundenfokus ist einfach und das gleiche wie in jedem Unternehmen auf dieser Welt: mehr Gewinn.

Wie mache ich mehr Gewinn? Durch mehr Umsatz bei anteilig gleichen oder geringeren Kosten.

Wie halte ich meine Kosten gering? Zum Beispiel durch Mengeneffekte (Stückkostendegression durch mehr Verkäufe), und eine gleichbleibend hohe Produkt-, Service- und Beratungsqualität (wenige Reklamationen und Retouren, viele Nachkäufe).

Wie mache ich mehr Umsatz? Durch mehr (neue) Kunden und/oder durch mehr Umsatz bei bestehenden Kunden.

Wie gewinne ich mehr Kunden oder verkaufe bestehenden Kunden mehr? Durch exzellente Produkte, exzellente Marketing-Kommunikation, exzellenten Vertrieb und exzellenten Kundenservice.

Der Vorteil von 100% Kundenfokus besteht darin, dass Kunden begeistert werden und so dem Unternehmen treu bleiben. Und, viel wichtiger noch, selbst zu Fürsprechern und Weiterempfehlern werden. Bessere und kostengünstigere Werbung und Verkauf kann kein Unternehmen der Welt bekommen!

100 Prozent Kundenfokus Diagramm Erfolg
100 Prozent Kundenfokus Diagramm Misserfolg

Kundenbindung und Kundentreue klingen einfach – sind in der Realität jedoch natürlich komplexer zu erreichen. Aber meistens scheitert es nicht an der praktischen Umsetzung. Wissen kann erworben oder zugekauft werden, Erfahrung kommt durchs Tun von ganz alleine. Die wirkliche Hürde liegt im Mindset. Unternehmen mit 100% Kundenfokus, die ihre Kunden begeistern, zeichnen sich durch ihre Einstellung aus:

  1. Kunden zuerst (siehe oben)
  2. Mut zu Veränderungen – aber aus dem Kundenblickwinkel. Also: „Natürlich können Sie wählen zwischen Kännchen oder Tasse!“ statt „Drinnen auch nur Kännchen!“ Gerade in etablierten Unternehmen sind oftmals starke Beharrungskräfte vorhanden und Veränderungen entsprechend mühselig und nur mit gutem Change Management umzusetzen.
  3. Ausdauer. 100% Kundenfokus ist eine Langzeit-Strategie, kein agiler Sprint. Nachhaltige Veränderungen brauchen Zeit – und bis der Kunde sie bemerkt, honoriert und die gute Nachricht weiterträgt, dauert es noch länger.

Um mit 100% Kundenfokus Kunden zu begeistern, eine tolle Customer Experience zu schaffen und profitabel zu wachsen, muss ein Unternehmen exzellente Leistungen in vier Bereichen erbringen:

  • Marketing-Kommunikation
  • Verkauf
  • Kundenservice
  • Produkt

100% Kundenfokus bedeutet immer: Produktfokus und Kundenfokus gleichzeitig und überall.

1. Marketing-Kommunikation: Wie sag ich's meinem Kunden?

100 Prozent Kundenfokus Marketing

„Storytelling“, „Content is King“, „Leads, Leads, Leads“, „Customer Journeys“ – all diese Marketingtrends laufen auf die immer gleiche Grundüberlegung hinaus: „Was muss ich wem wie erzählen, damit er mir gerne zuhört, mich mag – und bei mir kauft?“ Dabei haben sich die Verkaufs- und Kommunikationskanäle in den letzten zwei Jahrzehnten ebenso stark digitalisiert wie die Werbeformate, auch wenn klassische Medien wie TV oder Brief für manche Produkte und Zielgruppen natürlich definitiv noch ihre Daseinsberechtigung haben.

Doch egal ob Digital Marketing oder bedrucktes Papier – für erfolgreiche Marketing-Kommunikation muss ein Unternehmen immer zwei Dinge wissen:

  • Wer ist meine Zielgruppe und wie ticken diese Menschen?
  • Wie muss meine Marketing-Kommunikation ausgestaltet sein, damit ich diese Menschen erreiche?

Die erste Frage wird mit Hilfe von Kundenanalysen, Befragungen und Marktforschung beantwortet. Die zweite ist dann handwerkliches Können in der Auswahl des richtigen Marketing-Mix und der Gestaltung der Werbekommunikation.

100% Kundenfokus bedeutet, seine Kunden genau zu kennen und für diese überzeugende, begeisternde Kommunikationsmittel zu erstellen.

Ohne gründliche Kundenanalyse geht es nicht

Es mag profan klingen, aber es hilft überaus, mit Kunden zu reden, wenn man wissen will, warum jemand etwas kauft (oder auch nicht), warum er zufrieden ist (oder auch nicht), was ihn motiviert/bewegt/interessiert. Und mit Reden ist tatsächlich Reden gemeint – nicht Schreiben. Wobei dem Kunden zu schreiben auch noch besser wäre als nur über den Kunden zu lesen.

Um 100% Kundenfokus zu erreichen, müssen Unternehmen in den direkten Austausch mit ihren Kunden treten und ihren Kunden gut zuhören. Und natürlich muss das so gewonnene Kundenfeedback in Verbesserungen und Lösungen umgewandelt werden.

Interessanterweise werden aber die meisten Kundenanalysen inklusive Customer Journeys von Menschen erstellt, die keinen direkten Kundenkontakt haben. Am Schreibtisch, oft basierend auf Zahlen, manchmal mit Input des Vertriebs, entstehen so Zielgruppendefinitionen, die dann als Ausgangsbasis für die Marketing-Kommunikation dienen.

So hilfreich das Werkzeug der so genannten Personas bei der Zielgruppenbeschreibung ist, wer nicht mit Menschen spricht kann ihre Motive, ihre Entscheidungen und Handlungen auch nicht verstehen. Dann sind die bebilderten Personas nichts weiter als hübsche Wanddekoration.

Neben der Auswertung von schriftlichen Kundenbefragungen und externen Quellen wie Studien ist ein wesentlicher Bestandteil einer guten Kundenanalyse immer die mündliche, tiefergehende Befragung von bestehenden Kunden, potentiellen Kunden und Ex-Kunden.

100 Prozent Kundenfokus Interview

Aus einem Guss: Gestaltung der Werbekommunikation

Auf Basis der (gut oder schlecht gemachten) Kundenanalyse sitzt irgendjemand am Schreibtisch und erstellt Content, einen Facebook-Post zum Beispiel oder einen Blogartikel. Im Nachbarbüro gestaltet ein Kollege eine Werbeanzeige, nebenan wiederum wird am neuen TV-Spot gebastelt, der durch Radio unterstützt werden soll. Die nächste SEA-Kampagne inklusive passender Landing Page wird zwei Türen weiter erstellt.

Aus Sicht der Kunden wäre es jetzt natürlich schön, wenn all das optisch und inhaltlich zueinander passen würde.

Was sich Großkonzerne in umfangreichen Corporate Identity/Design-Manuals erarbeitet haben, ist in mittelständischen Unternehmen oft nur rudimentär vorhanden. Da sieht die Website ganz anders aus als das Werbeprospekt. Der Blogartikel ist betont sachlich (Kompetenz vermitteln!), während der Kunde im YouTube-Spot geduzt wird (junge Zielgruppe ansprechen!).

Für 100% Kundenfokus ist ein einheitliches Erscheinungsbild wichtig – es wirkt professionell, erschafft Wiedererkennung, sorgt beim Kunden für ein Gefühl der Verlässlichkeit – und schafft so Vertrauen.

Ziele der Marketing-Kommunikation

Vor dem Zeitalter des Internets war es außer ein paar Direktverkäufern wie Katalogversendern kaum einem Unternehmen möglich, den Erfolg von Marketingmaßnahmen direkt zu messen. Was Marketingverantwortliche mitunter dankbar als Freibrief und Ausrede verwendeten, frustrierte Controller und Geschäftsführer gleichermaßen.

In Zeiten von Google Analytics und Conversion Tracking ist die Messung der Ergebnisse von Marketing-Maßnahmen deutlich einfacher geworden, zumindest in der Online-Welt. Dies setzt Marketingleiter heutzutage stärker unter Druck, nachweisbare Resultate in Form von neuen Kunden, Verkäufen, Umsatz zu generieren – oder auch „Leads“.

In der Vor-Internet-Ära nannte man Menschen, die sich für die Produkte einer Firma interessierten und daher potentielle Kunden waren, „Interessenten“. Heute heißen sie „Leads“ und sind in vielen Unternehmen zur Hauptaufgabe der Marketingabteilung geworden – eine durchaus interessante Entwicklung.

Für 100% Kundenfokus ist es wichtiger, die Interessenten (Leads) genau zu kennen, zu verstehen (und so zu qualifizieren) als lange Namenslisten zu sammeln und ohne zusätzliche Kundeninformationen an den Vertrieb weiterzureichen.

Das Gute ist, dass heutzutage klarere und besser messbare Ziele von Marketingmaßnahmen definiert werden können – und sollten, bevor viel Geld investiert wird.

Ein guter Marketing-Kommunikation Manager muss seine Kunden ganz genau kennen und immer die Antwort auf die Frage suchen, auf welchen Kommunikationswegen und Kanälen er sie mit welchen Inhalten am besten erreicht.

Ändert sich das Verhalten der Kunden, muss dies in der Marketingabteilung bemerkt werden und die Maßnahmen und/oder Kommunikationskanäle müssen entsprechend angepasst werden.

In den meisten Unternehmen führt dies zu einer deutlichen Zunahme der Komplexität: Die alten Kanäle (Anzeigen, Briefe, Messen etc.) bleiben (reduziert) bestehen, neue Kanäle (SEO/SEA, Social Media, Mobile etc.) kommen hinzu.

Umso wichtiger werden ein abgestimmtes Vorgehen in der Marketing-Kommunikation und klare Ziele – meinetwegen auch gemessen in „Leads“.

2. Verkauf: Wie aus Leads Kunden werden

100 Prozent Kundenfokus Verkauf

Was haben ein Vorwerk-Vertreter, der an der Haustür klingelt, und der Webshop eines Internet Start-Ups gemeinsam? Beide verkaufen die mit viel Aufwand entwickelten und durch Marketing-Kommunikation beworbenen Produkte, deren Kundenservice ebenso bezahlt werden muss wie die Unternehmensmitarbeiter in IT, Buchhaltung, Personal etc. Und ohne Verkauf gibt es keine Kunden, keinen Umsatz, keinen Gewinn.

Mit diesem Selbstbewusstsein traten Verkäufer unternehmensintern oft auf, doch im Zeitalter des digitalen Wandels gerät auch das in Stein gemeißelte Credo „Menschen kaufen von Menschen“ in Wanken – zumindest scheinbar. Denn tatsächlich verändern sich zwar die Einkaufsstätten, die Bezahlmethoden, die Logistik und Kommunikationswege, der Mensch selbst ändert sich jedoch nicht.

Die Grundregeln des erfolgreichen Verkaufens gelten deshalb losgelöst vom Verkaufsort – und auch im Internet:

  • Dem Kunden Fragen stellen, ihm zuhören, seine Wünsche ermitteln
  • Produkte attraktiv und mit individuell passenden Kundenvorteilen/-nutzen präsentieren
  • Dem Kunden einen passenden Preis anbieten
  • Eine gute Einwandbehandlung
  • Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit ausstrahlen
  • Dem Kunden bei jedem Kauf das gute Gefühl geben, genau richtig gehandelt zu haben
  • Hartnäckig sein, am Kunden dranbleiben
  • Zuverlässig sein
  • Bestandskunden ebenso gut behandeln wie Neukunden
  • Bestellung, Bezahlung und Lieferung so einfach wie möglich gestalten

Jeder Webshop sollte heutzutage über das Folgende verfügen:

  • Einen Produktfinder/-konfigurator, der Kunden zum passenden Produkt führt, Vergleichstabellen von verschiedenen Produkten/Produktausführungen, 360°-Darstellungen von Produkten
  • Eine übersichtliche Benutzeroberfläche, professionelle Fotos, gut geschriebene und gut lesbare Texte, die die Produktvorteile/-nutzen klar herausstellen
  • Eine faire Preisgestaltung, orientiert am (Online-)Wettbewerb
  • FAQs, die alle Fragen und Einwände beantworten, und vielfältige Kontaktmöglichkeiten (Telefon, E-Mail, Social Media, WhatsApp etc.) für individuelle Kundenfragen
  • Darstellung der eigenen Fachkompetenz für die verkauften Produkte, Belege für Vertrauenswürdigkeit wie Trusted Shops, Rückgabegarantien, reale Kundenbewertungen/-meinungen zum Produkt, positive Google Rezensionen
  • Eine positive Kundenkommunikation, die den Kunden vor und nach dem Kauf in seiner guten Entscheidung bestätigt
  • Re-Targeting, individuell passende (!) E-Mailings/Werbekommunikation
  • Alle Versprechen immer einhalten (Liefertermine, Garantien, Rücksendemöglichkeiten, Produkteigenschaften etc.)
  • Attraktive Angebote für Neukunden und Bestandskunden
  • Einfacher, schneller Bestellprozess, vielfältige Bezahlmöglichkeiten, schnelle, termingetreue, zuverlässige Zustellung

Was im Verkauf also vor allem wichtig ist: ein Mensch, der für all dies verantwortlich ist und für die perfekte Umsetzung sorgt. Egal, ob er an der Haustür klingelt oder in der Unternehmenszentrale die Webshop-Programmierer instruiert.

100% Kundenfokus bedeutet, ehrlich mit dem Kunden zu sein, ihm das optimale Produkt zu verkaufen und ihm bei jedem Kauf ein gutes Gefühl zu verschaffen.

Nur Kunden, die fair behandelt wurden, die das passende Produkt verkauft bekommen haben und die sich vor, während und nach dem Kauf wohlgefühlt haben, werden begeistert sein und dem Unternehmen treu bleiben.

Kunden, die nach dem Kauf feststellen, dass sie das gekaufte Produkte eigentlich gar nicht gebrauchen können oder dass es eine bessere Produktlösung gegeben hätte, werden sich das nächste Mal an einen anderen Verkäufer wenden.

Und Kunden, die nach dem Kauf gar das Gefühl haben, über den Tisch gezogen worden zu sein, werden zu Weiterempfehlern der Konkurrenz..!

Ein guter Verkäufer ist überzeugt von seinen Produkten, hört seinen Kunden genau zu und präsentiert die Produktvorteile passgenau und begeisternd. Die Verkaufsabwicklung gestaltet er für seine Kunden so einfach und komfortabel wie möglich.

Die aktive, kundenorientierte Beratung unterscheidet den „Verkäufer“ vom „Vertriebler“. Der Verkaufsabschluss unterscheidet den Verkäufer vom Berater. Und die Häufigkeit der Verkaufsabschlüsse sowie die Häufigkeit der Wiederkäufe unterscheiden den guten Verkäufer von seinen Kollegen.

3. Kundenservice: Kundenfokus - oder Kostentreiber?

100 Prozent Kundenfokus Kundenservice

Die Werbung war erfolgreich, der Vertrieb hat aus dem Lead einen Kunden gemacht, das Produkt überzeugt, der Kunde kauft wieder, der Umsatz steigt, die Welt ist schön. So könnte es aus Unternehmenssicht gerne weitergehen, doch dann hat der Bestandskunde ein Anliegen. Das kann eine ganz harmlose technische Frage sein oder eine handfeste Reklamation.

Die Denkweise in vielen Unternehmen ist: Den Kunden haben wir bereits (mit viel Aufwand!) gewonnen, dem können wir nichts zusätzlich verkaufen, den melken wir jetzt  – also legen wir unseren Fokus lieber auf die Kunden, die wir noch nicht gewonnen haben. Das Ergebnis: teure Neukundenwerbung, Angebote, die nur für Neukunden gelten, spezielle Neukunden-Hotlines mit sofortiger Erreichbarkeit – und ein in Call Center ausgelagerter Kundenservice für Bestandskunden.

Externe Mitarbeiter, oft bezahlt zum gesetzlichen Mindestlohn, die gleichzeitig Kunden von drei oder vier Unternehmen aus ganz unterschiedlichen Branchen bedienen, kümmern sich also um die Anliegen der Menschen, die den Umsatz und den Gewinn des Unternehmens sichern. Während sich die Mitarbeiter des Unternehmens um Menschen kümmern, die noch keinen Cent zum Umsatz beisteuern – eigentlich grotesk, aber in Deutschland weit verbreitet.

Schlägt der Bestandskunde mit seiner Frage oder seiner Beschwerde nun im Kundenservice auf (egal ob intern oder extern), gibt es drei mögliche Kundenerlebnisse:

  1. Der Kunde wird verärgert. Mögliche Gründe: Die Erreichbarkeit ist schlecht, Mitarbeiter sind nicht freundlich, die Frage kann nicht beantwortet werden, die Reklamation wird abgewiesen, es gibt keine Lösung.
  2. Der Kunde wird zufriedengestellt. Die Frage wird inhaltlich beantwortet, die Reklamation wird aufgenommen, sachlich geprüft, der Kunde über das Ergebnis mit einer Begründung informiert.
  3. Der Kunde wird begeistert. Die Mitarbeiter sind sofort erreichbar, beantworten E-Mails umgehend, sind überaus freundlich. Die Frage wird beantwortet und darüber hinaus werden (ungefragt) Tipps gegeben. Die Reklamation wird sofort mit einer kulanten Lösung und Entschuldigung gelöst.

Im ersten Fall wird der Kunde mit hoher Wahrscheinlichkeit anderen von seinen frustrierenden Erfahrungen berichten – und vielleicht zum Ex-Kunden.

Im zweiten Fall (der Normalfall und in den meisten Unternehmen auch das selbst gesetzte Ziel von Kundenservice) wird der Kunde wahrscheinlich zunächst gehalten – bis ein Konkurrent ihm ein besseres Angebot macht.

Im dritten Fall wird der Kunde anderen von seinen positiven Erfahrungen berichten (leider nicht so vielen wie nach schlechten Erfahrungen) – und dem Unternehmen treu bleiben.

100% Kundenfokus bedeutet, Neukunden und Bestandskunden einen Kundenservice zu bieten, der sie begeistert.

Richtig ist: Exzellenter Kundenservice kostet Geld und Aufwand. Richtig ist aber auch: Schlechter Kundenservice kostet noch mehr Geld und Aufwand.

Die Rechnung geht so:

Exzellenter Kundenservice Schlechter Kundenservice
Kosten für Mitarbeiter (hohe Erreichbarkeit, schnelle Antworten)
Etwas geringere Kosten für Mitarbeiter (schlechtere Erreichbarkeit, langsamere Antworten)
Kosten für Training und laufende Fortbildungen (sehr hohe Fachkompetenz, korrekte Antworten, hilfreiche Tipps)
Etwas geringere Kosten für Training und Fortbildungen (schlechtere Antwortqualität)
Kosten für kulante Lösungen
Etwas niedrigere Reklamationskosten (nur gesetzlich vorgeschriebene Gewährleistungen)
Dauerhafte Umsätze durch begeisterte Kunden
Weniger Umsatz, da sich einige Kunden aufgrund der schlechten Erfahrung abwenden
Zusätzlicher Umsatz durch Neukunden, die von begeisterten Kunden geworben wurden
Weniger Neukunden durch abschreckende, negative Werbung von frustrierten Kunden
Mehr Kosten, da Neukunden selbst gewonnen werden müssen und nicht durch Weiter-Empfehlungen kommen

Ein guter Kundenservice Manager muss immer die Antwort auf die Frage suchen, welches Erlebnis er seinen Kunden bieten muss, damit diese anderen positiv davon erzählen.

Dazu muss er die Unternehmensprozesse im Kundenservice auf die Kunden ausrichten und sein Team entsprechend ausbilden.

Interessanterweise stehen im Kundenservice Qualität und Kosten nur scheinbar im Gegensatz zueinander. Tatsächlich sinken die absoluten Kundenservicekosten mit steigender Qualität, zum Beispiel durch bessere Erreichbarkeit (weniger Zweitanrufe), schnellere Antworten (weniger Nachfragen) und höhere Antwortqualität (weniger zusätzliche Fragen später).

4. Produkt: Premium-Mehrwert - oder Preiskampf

100 Prozent Kundenfokus Produktmanager

Natürlich ist es möglich, mit hervorragender Marketing-Kommunikation und starkem Vertriebsdruck Neukunden zu gewinnen. Der Preis hierfür: sehr hoher Aufwand und Kosten. Wirtschaftlich rechnen wird sich dieser Aufwand in den meisten Fällen nur, wenn der Neukunde zum Bestandskunden wird und wiederkauft. Berater sprechen in diesem Zusammenhang oft vom „Customer Lifetime Value“ und meinen damit, wie viele Euros ein Kunde im Laufe der Zeit in die Kasse spült.

Richtig profitabel wird das Ganze dann, wenn der Wiederkäufer ein Weiterempfehler wird, also kostenlos Werbung macht und aus eigener Überzeugung neue Kunden gewinnt. Das ist etwas, was viele Unternehmen anstreben, wenn sie Kunden-werben-Kunden Aktionen ins Leben rufen. Die treuen Bestandskunden sollen ermuntert – bzw. mit einem 20 €-Gutschein bestochen werden –, in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis Neukunden für das Unternehmen zu gewinnen.

Bevor jedoch viel Geld in Neukundenakquise und Werbeaktionen gesteckt wird, wäre es oftmals viel Erfolg versprechender, sich mit dem eigentlichen Kern jedes Angebotes zu befassen: dem Produkt. Denn überzeugt das Produkt nicht, ist der ganze Marketing- und Vertriebsaufwand letztendlich umsonst. Und ist das Produkt schlecht, kann auch ein herausragender Kundenservice das auf Dauer nicht herausreißen.

100% Kundenfokus bedeutet, Produkte zu entwickeln, die neue Kunden und Bestandskunden gleichermaßen überzeugen und begeistern.

Dies gilt in der analogen Welt (Mercedes und BMW bauen hervorragende Autos) genauso wie in der digitalen (Google ist Marktführer geworden, weil die Websuche hervorragend ist). Bleibt mein Auto dauernd liegen, finde ich im Web nicht, was ich suche, schmeckt der Joghurt nicht, ist mein Haar schief geschnitten, werde ich mich in Zukunft nach einem anderen Anbieter umsehen.

Da hilft dann auch keine Werbung, kein noch so netter Verkäufer, kein noch so wohlmeinender Kundenservice mehr.

Ein wirklich erfolgreiches Unternehmen erfindet Produkte, die Kunden über einen praktischen und/oder emotionalen Mehrwert begeistern. Idealerweise kann kein Konkurrent den gleichen Mehrwert bieten, das Produkt verfügt also über einen einzigartigen Wettbewerbsvorteil (USP – Unique Selling Proposition).

In der Realität ist dies oft schwer zu erreichen – und noch schwerer zu halten. Aber je vergleichbarer ein Produkt wird, desto austauschbarer wird es auch – und umso kaufentscheidender wird der Preis.

Strategisches Produktmanagement muss immer die Antwort auf die Frage suchen, welchen zusätzlichen, einzigartigen Mehrwert aus Kundensicht sein Produkt bieten kann.

Überzeugt das Produkt selbst, fällt es Marketing und Vertrieb viel leichter, neue Kunden zu gewinnen. Und im Kundenservice landen weniger Fragen und Reklamationen.

Bietet das Produkt darüber hinaus noch einen einzigartigen Vorteil, werden es Kunden auch viel häufiger weiterempfehlen – übrigens genau deshalb und nicht aufgrund eines lächerlichen 20 €-Gutscheins.

100% Kundenfokus – Kunden begeistern in der Umsetzung

In der Theorie klingt vieles oft einfach, doch entscheidend ist letztendlich die Umsetzung. Nur wenn aus Gedanken auch Taten folgen, können Veränderungen eintreten, können aus unzufriedenen Kunden begeisterte Fans werden.

Wie die Umsetzung von 100% Kundenfokus gelingen kann und welche positiven wie negativen Beispiele es hierzu gibt, davon soll dieser Blog anhand von vertiefenden Artikeln sowie realen Erfahrungsberichten mit vielen Tipps erzählen.

100 Prozent Kundenfokus Logo

Kurzvita Andre Neumann

Andre Neumann
Andre Neumann - 100% Kundenfokus
  • Geboren 1976 in Bremen
  • Studium: BWL und Japanisch
  • Auslandsaufenthalte in Australien und Japan
  • Berufliche Stationen in Marketing, Vertrieb und Produktmanagement in mittelständischen Unternehmen, darunter Führungspositionen mit Personal- und Budgetverantwortung
  • Seit 2021 tätig als Produktmanager bei Johannes Hübner Gießen
  • Verheiratet mit einer wundervollen Frau und Vater von drei wundervollen Kindern
  • Hobbyautor (bisher veröffentlichte Romane: “Bergwerkswald” und “Affentanz”)
  • Fußball-Schiedsrichter, Läufer und Schokoladenliebhaber
  • Motto: “Die Glücklichen sind neugierig.” (F. W. Nietzsche)

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