Schlechter Kundenservice: Weltbild

Schlechter Kundenservice Verzweiflung

Online-Bestellung für Weihnachten

Der Karnevalsbeginn am 11.11. fiel dieses Jahr Corona bedingt aus, aber dafür war an diesem Tag Singles Day. Diese (chinesische) Erfindung kannte ich nicht, und per Definition falle ich auch eigentlich nicht in die Zielgruppe, aber Weltbild versprach allen Online-Kunden aufgrund dieses Anlasses 11% Rabatt. Und so landete ich auf der Suche nach einem neuen Tolino E-Reader statt bei Thalia.de, wo ich seit Jahren zufriedener Kunde bin, bei Weltbild. Dass deren schlechter Kundenservice mich schnell wieder als Kunden vergraulen würde, konnte ich da noch nicht ahnen…

Weihnachten war bereits am Horizont erkennbar, und ich wollte dieses Jahr gerne früh und stressfrei alle Geschenke besorgen (das klappte dann leider doch nicht ganz, aber das ist eine andere Geschichte). Für meine zehnjährige Tochter war ein Tolino samt Zubehör (Schutzfolie und -hülle) bestimmt.

Im übersichtlichen Weltbild Webshop fand ich dann auch schnell das passende Modell. Gut: der direkte Vergleich aller vier aktuell erhältlichen Tolino-Varianten.

Ein Benutzerkonto besaß ich bei Weltbild tatsächlich bereits, musste ich vor einigen Jahren einmal angelegt haben, und so war die Online-Bestellung schnell abgeschlossen.

Weltbild versprach die Lieferung in 5-8 Werktagen, was ich für einen großen, professionellen Webshop sehr lang fand, aber ich hatte ja Zeit. Die Bestellbestätigung per E-Mail kam prompt. So weit, so gut.

Schlechter Kundenservice Weltbild Tolino Vergleich
Screenshot vom 30.12.2020
Schlechter Kundenservice Weltbild Logo
https://www.weltbild.com/presse/downloads/logos/

Das Unternehmen Weltbild

1948 gegründet und lange in Besitz der katholischen Kirche, gehört Weltbild nach einer Insolvenz mittlerweile dem Investor Droege International Group.

Weltbild vertreibt unter anderem Bücher, E-Books, DVDs, CDs und Spielzeug in ca. 120 eigenen Filialen sowie online, zum Beispiel auf www.weltbild.de und www.buecher.de.

Ebooks, Tolino, Kindle

Der Umsatzanteil von Ebooks beträgt in Deutschland knapp 8% des gesamten Buchumsatzes. Amazon ist hierbei mit dem Kindle Marktführer. Die Tolino-Allianz, bestehend aus Thalia-Mayersche, Hugendubel, Weltbild, Osiander, Libri, kommt auf etwa 40% Marktanteil.

Quellen: Weltbild , Wikipedia, StatistaSüddeutsche 

Die Lieferung: eine große Überraschung

Am 18.11., also genau eine Woche nach der Bestellung und damit innerhalb des versprochenen Zeitfensters, fand ich in meinem Briefkasten einen kleinen Karton von Weltbild. Ich wunderte mich sofort über das Gewicht: Sollte so ein E-Reader nicht leicht und handlich sein?

Stattdessen purzelten in dem Karton beim Hochheben einige schlecht verpackte und erstaunlich schwere Inhalte herum. Diese entpuppen sich beim Auspacken dann auch nicht als Tolino mit Zubehör – sondern als fünf Packungen Kühlschrankmagnete der Weltbild-Hausmarke.

Kurz spielte ich mit dem Gedanken, aus Bequemlichkeit das Weihnachtsgeschenk für meine Tochter einfach umzuändern. Aber leider besaß meine Tochter keinen passenden Kühlschrank für die 30 Magnete. Und auf Reisen ist so ein Kühlschrank ja auch etwas unpraktischer als ein E-Reader. Dazu gibt es eine sehr unterhaltsame Geschichte, erhältlich im Weltbild Webshop – sogar als E-Book. 😉

Die Kühlschrankmagnete mussten also zurück. Das kann ja im Jahr 2020 und bei einem großen Versandhändler wie Weltbild nicht so schwierig sein, dachte ich. Und täuschte mich.

Schlechter Kundenservice Kuehlschrankmagnete
Überraschung: Kühlschrankmagnete statt Tolino

Die Retoure: eine weitere große Überraschung

Dem Paket lag ein Rücksendebeleg bei, aber kein Retourenetikett. Und ich fragte mich, wie ich in dem engen Rücksendeformular wohl kenntlich machen sollte, dass ich zwar die nicht bestellten Kühlschrankmagnete zurückschickte, aber den Tolino noch gar nicht erhalten hatte?

Sowas lässt sich persönlich wahrscheinlich besser (er-)klären, dachte ich, und suchte auf weltbild.de nach der Telefonnummer des Kundenservice. Es gibt dort ein Kontaktformular und eine (kostenpflichtige! 😲) Bestellhotline. Die Suche nach „Reklamation“ führt zu einigen spannenden Buchtipps – vielleicht sollten die Service-Verantwortlichen bei Weltbild dieses Buch einmal lesen?! –, aber zu keiner Telefonnummer.

In den FAQ finden sich Hinweise zu einer Rücksendung, die in meinem Fall aber nicht weiterhalfen. Nach längerer Suche fand ich schließlich versteckt in den AGB (!) eine Ortsnummer für Fragen oder Reklamationen zu bereits geschlossenen Verträgen.

Dafür dass logistisch mal etwas schiefgehen kann, habe ich Verständnis. Dafür dass es dem Kunden dann so schwergemacht wird, dieses Problem zu klären, gibt es in meine Augen aber keine Ausrede. Das ist ein Beispiel für schlechten Kundenservice.

Der erste Anruf beim Kundenservice: Problem gelöst?

Am Telefon der speziellen Bestandskundennummer begrüßte mich eine so genannte IVR (Interactive Voice Response), also ein Computer. Leider funktionierte die Spracherkennung nicht gut. Und überraschenderweise gab es den Auswahlpunkt „Reklamation“ nicht – merkwürdig bei einer speziellen Reklamationsnummer?!

Nach erfreulich kurzer Wartezeit landete ich dann schließlich doch bei einer netten Weltbild-Mitarbeiterin im Kundenservice, die sich meines Problems annahm, meine Reklamation in das CRM-System eingab und mir als ersten Lösungsschritt per E-Mail die Zusendung eines Rücksendeetiketts für die kostenlose Retoure versprach. Bis hierhin war alles ok, aber dann wurde es spannend.

Als zweiten Lösungsschritt empfahl mir die Mitarbeiterin, selbst eine neue Bestellung im Web aufzugeben. Dann sei die Lieferung schneller (2-4 Werktage), als wenn sie die erneute Bestellung über ihr System veranlassen würde (5-8 Werktage). Hier lernte ich zum ersten Mal, dass Weltbild anscheinend und befremdlicherweise mit unterschiedlichen Bestellsystemen zu arbeiten scheint. Dies sollte sich im weiteren Verlauf als für alle Beteiligten noch als äußerst nachteilig herausstellen.

Auf meine Frage, wie ich denn bei einer erneuten Online-Bestellung wieder die 11% Rabatt erhalten könne, gab es keine Antwort. Also versprach die Mitarbeiterin, eine neue Bestellung inklusive des gleichen Rabatts auszulösen.

Schlechter Kundenservice Tolino
https://mytolino.de/press-material/

Rücksendung nicht erwünscht?

Die versprochene E-Mail mit dem Retourenetikett für die kostenlose Rücksendung kam etwa eine Stunde nach meinem ersten Telefonat mit dem Kundenservice. Eine Bestätigungs-Email zu meiner Reklamation und/oder der Ersatzbestellung erhielt ich leider nie.

Nachdem ich das Paket dann damit fertiggemacht hatte und am nächsten Tag zur Post/DHL-Annahmestelle trug, erlebte ich die nächste Überraschung: Das Etikett konnte nicht als Retoure gescannt werden, es fehle der dafür notwenige zweite Barcode. Die Annahme sei so nur als kostenpflichtiges Paket möglich?! Unverrichteter Dinge verließ ich also den Paketshop wieder und rief vom Auto aus zum zweiten Mal den Weltbild-Kundenservice an.

Nach nur 3 Sekunden Wartezeit landete ich bei einer Mitarbeiterin, die dann aber eine knappe Minute benötigte, um meinen Vorgang zu finden. Lösen konnte sie das Problem leider nicht und verband mich deshalb weiter. Zumindest versuchte sie das wohl, ich landete aber bei einem Besetztzeichen und der Anruf war beendet.

Es folgte der dritte Anruf beim Kundenservice, gleiches Prozedere, aber dieses Mal klappte immerhin die Weiterleitung zum Teamleiter. Leider konnte dieser zwar meine alte Bestellung sehen und immerhin die aufgenommene Reklamation, aber leider nicht die neue Bestellung. Als Lösung des Rücksendeproblems wurde mir die Zusendung eines passenden Retourenetiketts per E-Mail versprochen.

Diese erfolgte dann auch kurz darauf. Dummerweise sah das neue Etikett aber genauso aus wie das alte – zwar mit neuer Nummer aber wieder nur mit einem Barcode. So langsam begann ich, am schlechten Kundenservice zu verzweifeln.

Da auf dem Etikett neben DHL aber auch ein Hermes-Logo aufgedruckt war, versuchte ich mein Glück einen Tag später mit dem ersten Etikett bei unserem Dorfbäcker, der gleichzeitig auch eine Hermes-Annahmestelle ist. Die Mitarbeiterin dort sah mein Paket an und sagte: „Das ist aber ein komisches Etikett! Ob ich das wohl scannen kann?“ Klappte natürlich nicht…

Aber dann kam sie auf die rettende Idee, die aufgedruckte Nummer händisch in ihren Scanner einzutippen, was dann tatsächlich auch funktionierte. Meine Rücksendung war also endlich auf dem Weg! Schlechter Kundenservice, aber Ende gut alles gut? Leider nicht…

Versprechen im Kundenservice sollten eingehalten werden

Eine Woche nach meiner Reklamation und der Rücksendung hatte ich außer einer Werbe-Email („Weltbild Service-Info: Wir sind für Sie da!“ 😉) noch nichts gehört von Weltbild. In meinem Online-Konto gab es zu meiner Retoure keinerlei Informationen, die Ersatzbestellung war nirgendwo aufgeführt. Dafür machte Weltbild aber groß Werbung mit Rabatten zum (amerikanischen) Black Friday, die deutlich höher waren als die zum (chinesischen) Singles Day.

Mittlerweile waren gut zwei Wochen vergangen seit meiner ersten Bestellung, und ein Tolino war weiterhin nicht in Sicht. Also rief ich zum insgesamt vierten Mal beim Weltbild-Kundenservice an. Der Vorteil: Meine Kundennummer kannte ich nun bereits auswendig.

Leider konnte die Dame mir nicht weiterhelfen und so wurde ich erneut zum Teamleiter weiterverbunden, dem ich ein weiteres Mal meine Kundennummer aufsagte. Leider konnte auch der Chef den Status meiner Ersatzbestellung nicht einsehen. Auch nach minutenlanger Suche war nicht klar, ob diese bereits veranlasst, versendet oder verschollen war. Auch zu meiner Retoure ließ sich leider nicht herausfinden, ob diese (nach einer Woche) überhaupt bereits im Haus war oder bearbeitet wurde. Schlechter Kundenservice at its best!

Der Mann tat mir tatsächlich ein wenig leid, er war immerhin bemüht. Und so machte ich den Vorschlag, die erste Bestellung einschließlich der Ersatzbestellung doch vielleicht zu stornieren. Ich könnte ja mit dem noch höheren Black Friday-Rabatt neu bestellen. Diesen Vorschlag fand er ganz hervorragend. Er würde die Stornierung dann jetzt in „seinem System“ hinterlegen.

Meine Frage, ob ich das dann auch in „meinem System“ und in meinem Online-Konto sehen könne, konnte er leider nicht beantworten. Aber dafür gab er mir den guten Tipp, falls die erste Bestellung doch noch ankommen würde, diese einfach zurückzusenden. Das sei ja kostenfrei möglich!

Schlechter Kundenservice Rechnung

Schlechter Kundenservice – und überraschende Rechnungsstellungen

Ich bestellte also die gleichen Produkte am 27.11. noch einmal im Weltbild Online-Shop, erhielt erneut eine sofortige Bestellbestätigung per E-Mail – und bereits am 03.12. tatsächlich richtigen Produkte. Der Tolino samt Zubehör für meine Tochter war da, Weihnachten konnte kommen! 😃

Was auch kam war am 04.12. eine E-Mail mit der Bestätigung meiner Reklamation und einer Entlastung meines Kundenkontos. Und hier wurde es erneut spannend.

  • Rechnungswert meiner ersten Bestellung inkl. Rabatt: 94,01 €
  • Rechnungswert meiner Gutschrift laut Reklamations-Bestätigung: 105,63 €

Die 94,01 € hat Weltbild trotz erteiltem SEPA-Mandats zum Glück nie abgebucht. Aber die Differenz in Höhe von 11,62 € (= der Singles-Day-Rabatt) fand ich am 11.12. als Gutschrift auf meinem Konto wieder!

Ich spielte kurz mit dem Gedanken, beim Kundenservice anzurufen und Weltbild hierauf aufmerksam zu machen. Aber dann beschloss ich stattdessen, dies als kleines Schmerzensgeld zu verbuchen.

Die zweite, erfolgreiche Bestellung bezahlte ich per Rechnung. Rechnungswert: 78,98 €.

Der schlechte Kundenservice hat Weltbild also nicht nur einen Kunden und viel Aufwand gekostet, sondern durch das interne CRM/ERP-Chaos auch noch richtig Geld!

Fazit

Es kann in der Logistik mal etwas schiefgehen. Selbst Amazon soll es gelegentlich passieren, dass etwas Falsches geliefert wird, habe ich gelesen (auch wenn meine Amazon-Bestellungen noch nie fehlerhaft waren). Aber was danach passierte war in meinen Augen schlechter Kundenservice und ein Versagen auf ganzer Linie.

Ich kann nicht nachvollziehen, wie ein so großer Händler wie Weltbild solch große Probleme mit Retourensendungen, interner Buchhaltung, Reklamationsprozessen sowie CRM-und ERP-Kontrolle haben kann. Denn die Ursachen für die falsche Rechnungsstellung und die fehlenden Auskünfte im Kundenservice lagen ja offensichtlich nicht an den Kundenservice-Mitarbeitern sondern am dahinterliegenden ERP-/CRM-System und fehlerhaften internen Prozessen.

Als Kunde kann ich hier nur mit dem Kopf schütteln – und bin für Weltbild natürlich verloren. Egal wie hoch die Rabatte in Zukunft auch sein mögen.

Darüber habe ich mich gefreut:

  • Die Freundlichkeit der Mitarbeiter im Kundenservice und ihr Wille, mir zu helfen
  • Die zweite Bestellung und Lieferung
  • Der Tolino

Ideen zur Verbesserung:

  • Einführung eines funktionierenden CRM/ERP-Systems inklusive korrekter Rechnungsstellung
  • Verknüpfung dieses Systems mit dem Online-Kundenkonto, damit der Kunde den jeweils aktuellen Status sieht
  • Verknüpfung dieses Systems mit dem Kundenservice-Team, damit dieses korrekte Auskünfte geben kann
  • Klare Informationen zum Reklamationsprozess auf der Website
  • Angabe der Reklamations-Hotline auf der Kontaktseite
  • Bestätigung der Reklamationsaufnahme per E-Mail
  • Scanbare Retourenetiketten
  • Eingangsbestätigung von Retouren per E-Mail
  • Kostenfreie Bestell-Hotline
  • Schnellere Auftragsbearbeitung/Versand
  • Optimierung der Lagerlogistik/korrekte Warensendungen
Schlechter Kundenservice Bewertung

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